Zu seinem Gespräch mit Julia Schnorrenberg, Inhaberin der Markt-Apotheke in Kirn, zu Folgen der neuen Apothekenreform erklärt der Bundestagsabgeordnete Dr. Joe Weingarten:

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Joe Weingarten versteht die Sorgen der Apotheken in der Region angesichts der deutlich gestiegenen Kosten, macht aber auch die Grenzen des Gegensteuerns durch die Bundesregierung deutlich: „Wir können nicht die Versäumnisse der Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte mit der neuen Apothekenreform komplett auffangen.“ Weingarten hatte sich bei einem Treffen mit Julia Schnorrenberg, Inhaberin der Markt-Apotheke in Kirn, über die bevorstehenden Folgen der Apothekenreform informiert.

Julia Schnorrenberg kritisiert die geplante Änderung hinsichtlich der Anwesenheit eines Apothekers, die künftig nach der geplanten Apothekenreform in Filial- und Zweigapotheken nicht mehr permanent vorgeschrieben sein soll. Künftig soll es ausreichen, wenn ein Apotheker acht Stunden in der Woche dort anwesend ist: „An die Anwesenheit eines Apothekers sind aber bestimmte Leistungen gebunden, unter anderem darf das Herstellen individueller Rezepturen sowie die Abgabe von Betäubungsmitteln nur bei Anwesenheit eines Apothekers erfolgen“, so Schnorrenberg. Weingarten versteht die Bedenken der Apothekerin, stellt aber seinerseits klar: „Die ländlichen Regionen werden auf Dauer nicht mit Apotheken versorgt werden können, in denen ein Apotheker permanent anwesend ist. Wenn wir das weiter vorschreiben, wird es zu großen Apothekenketten kommen, bei denen die notwendige Anzahl an Apothekerinnen und Apothekern eingehalten wird. Aber die werden dann nicht mehr in kleineren Städten und Ortschaften sein,“ befürchtet der Parlamentarier. In diesem Zusammenhang kritisiert Schnorrenberg die vor einigen Jahren getroffene Entscheidung, in Online-Apotheken auch die Abgabe rezeptpflichtiger Medikamente zuzulassen.

Die Apothekerin kritisiert, „die Online-Apotheken geben unerlaubterweise Boni an die Kunden beim Kauf von rezeptpflichtigen Arzneimitteln und gewähren extreme Preisnachlässe bei freiverkäuflichen Arzneimitteln“. „Die örtlichen Apotheken halten sich an geltendes Recht und gewähren keine Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel. Sie können aber auch nicht mit den Niedrigpreisen der Online-Anbieter bei freiverkäuflichen Arzneimitteln konkurrieren, da sie qualifiziertes Personal vorhalten müssen, das umfassende, pharmazeutische Beratungen durchführen kann“, so die Apothekerin weiter.

Grundsätzlich hat Julia Schnorrenberg Joe Weingarten auf die angespannte wirtschaftliche Lage in inhabergeführten Apotheken hingewiesen: „Das größte Problem ist das Skonti Verbot, also der Wegfall von Skonti, wenn ich Medikamente in größeren Mengen im Großhandel bestelle. Meine Apotheke wird allein hierdurch einen Rohgewinnverlust von mehreren Tausend Euro haben“, so die Kirner Apothekerin.

„Außerdem würden die geplanten Honorarveränderungen mit Absenkung des prozentualen

Zuschlags auf 2 % (ab 2026) und gleichzeitiger Erhöhung des Festzuschlags von 8,35 €

auf 9,00€ (ab 2026) bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dazu führen, dass die

Apotheken bei mittelpreisigen und hochpreisigen Arzneimitteln sogar noch weniger als jetzt

an Honorar erhielten. Das Honorar wurde seit 20 Jahren nicht angepasst und ist nicht

ausreichend angesichts der gestiegenen Personalkosten und der allgemeinen Inflation“,

erklärt Apothekerin Julia Schnorrenberg. Sie fordert deshalb Nachbesserungen im

Gesetzesentwurf. Weingarten sieht diese Problematik, weist aber darauf hin, dass es im Rahmen der angestrebten Reform nicht nur Verschlechterungen für die Apotheken geben soll. „Gerade durch die geplanten Veränderungen beim Betrieb von Zweigstellen, veränderten Öffnungszeiten, eine bessere Vergütung von Notdienstzeiten und eine gestärkte Rolle der pharmazeutisch-technischen Assistentinnen in den Apotheken wird es für die einzelnen Apotheken Erleichterungen geben“. Der SPD-Bundestagsabgeordnete sichert der Apothekerin dennoch zu, die vorgebrachten Bedenken in Berlin anzubringen und sich für die Belange der Apotheken in ländlichen Räumen besonders einzusetzen.